Displayformat 21:9: Ist der Hype gerechtfertigt?

Es ist der große Trend auf dem Displaymarkt der letzten zwei Jahre: Bildschirme mit dem Seitenverhältnis 21:9. An sich handelt es sich dabei nicht um ein neues Format. Im Consumer Bereich werden solche Monitore schon seit geraumer Zeit angeboten, insbesondere für Gaming oder im Film und Videoschnitt. Es wird nicht umsonst auch das „Kinoformat“ genannt, da viele Filme in einem breiteren Seitenverhältnis gedreht werden. Wer sich zuhause schon mal über die schwarzen Balken am oberen und unteren Bildschirmrand gewundert hat, weiß Bescheid.

Der gängige Displaystandard ist immer noch das schmalere 16:9 Format. Doch nun drängt sich 21:9 auch in den Corporate AV Sektor, wie man zum Beispiel auf der ISE beobachten konnte. In den Büros der modernen Arbeitswelt sollen die Ultrawide-Bildschirme die Arbeit erleichtern, digitale Zusammenarbeit fördern und hybride Meetings natürlicher gestalten.

21:9 – warum und wieso gerade jetzt?

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21:9 verspricht ein natürlicheres Seherlebnis und mehr Produktivität für Nutzerinnen und Nutzer. Das Format ähnelt dem Blickfeld des menschlichen Auges eher als 16:9. Das soll zu weniger Augenreizung und mehr Komfort bei längerer Bildschirmarbeit führen. Aufgrund der Bildschirmbreite lässt sich mehr Content auf der Bildfläche unterbringen.

Im Arbeitsalltag müssen User oft zwischen vielen Anwendungen parallel hin und her springen. Oft nutzen sie dafür mehrere Bildschirme. Nun kann man das auf einem tun. Je nach Größe des Monitors lassen sich mehrere Anwendungen nebeneinander in ausreichender Größe öffnen – ganz ohne die visuelle Unterbrechung eines Dual Display-Setups. Mögliche Farbschwankungen und Ungleichmäßigkeiten zwischen verschiedenen oder verschieden kalibrierten Monitoren werden so vermieden. Mit nur einem Monitor benötigt man beispielsweise auch nur einen Anschluss am Laptop und kann so zum Beispiel auf weitere Peripheriegeräte verzichten. Durch das breitere Format haben 21:9 Displays auch eine höhere Auflösung als ihr 16:9 Pendant. All diese Punkte sollen zu einem immersiveren Nutzungserlebnis beitragen.

Microsofts Front Row-Feature und das 21:9 Format

Der Trubel um die 21:9 Displays wurde insbesondere auch durch Microsofts Werbekampagne zu ihrem neuen Front Row Feature für Microsoft Teams angestoßen. Das neue Layout ist für Signature Microsoft Teams Rooms optimiert und soll Standardräume für hybride Meetings und Konferenzen aufwerten. Da Teams Räume sehr gefragt sind, ist es nachvollziehbar, dass viele Displayhersteller auf den Zug aufspringen, um ihre Produkte zu platzieren.

Microsoft empfiehlt dafür einen Monitor im 21:9 Format mit 5k Auflösung. Denn das Front Row Layout ordnet die Galerie der Teilnehmer:innen im Call horizontal am unteren Bildschirmrand an. Diese sollte im besten Fall auf Augenhöhe mit den Teilnehmer:innen im Raum sein. Der geteilte Content erscheint zentral darüber, während Chatfenster und zusätzliche Anzeigen links und rechts Platz finden. Das soll zu mehr Überblick im Meeting führen.

Im Raum sind Bildfläche und Möbel quer ausgerichtet. Ein bogenförmiger Tisch ist vorgesehen. Hinzu kommen die Empfehlungen für die Technik wie ein Windows PC, Anschlüsse, Kameras, Mikrofonierung und so weiter.

Ziel ist es, eine immersive und effiziente Meeting- und Kollaborationsumgebung zu schaffen, mehr Platz zum gemeinsamen Arbeiten und eine bessere Inklusion aller Teilnehmenden durch natürliche Interaktion.

Der große Vorteil von Front Row für hybride Meetings in einem solchen Setting ist, dass die Remoteteilnehmenden besser wahrgenommen werden und alle Beteiligten auf Augenhöhe miteinander kommunizieren. Durch die erhöhte Präsenz und Sichtbarkeit wird es auch einfacher, nonverbale Signale zu registrieren und zu deuten. Damit wirkt man der immer wieder geäußerten Kritik entgegen, dass Remoteteilnehmer in hybriden Settings benachteiligt werden. Sowohl die Personen im Raum als auch virtuell profitieren von der verbesserten Kommunikation und Zusammenarbeit.

So weit so gut. Was jedoch beim genauen Hinschauen auffällt, ist dass dieses Setup gar nicht für die Masse gedacht ist.

Signature Microsoft Teams Rooms sind keine Massenlösung

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Ein solches Setup, wie es der Leitfaden von Microsoft für Signature Microsoft Teams Räume beschreibt, ist keine Massenlösung. Schick und modern ist es auf jeden Fall, doch die Anordnung fordert viel Platz und die Möblierung ist teuer. Ein 21:9 Display in einem entsprechenden Format kostet viel Geld. Es handelt sich hier immer noch um einen Sonderraum.

Vorsicht beim Format!

Bei der Wahl des Setups im Meetingraum gibt es einiges zu beachten. Beim 21:9 Format in 5K ist Vorsicht geboten. Der Content muss dazu passen! Viele Inhalte im Corporateumfeld sind immer noch in 16:9, zum Beispiel Powerpoint, Kamerabilder und so weiter. Einiges skaliert aber auch mit, wie Browserfenster oder darauf ausgelegte Anwendungen. Ein anderes Format bringt dennoch Probleme mit sich, auch wenn man an Zuspieler und andere Peripheriegeräte denkt, die das Format vielleicht gar nicht unterstützen, aber notwendig sind, um die Bandbreite zu konfigurieren. Hier gibt es noch nicht viele. Das neue Barco Clickshare unterstützt zum Beispiel das Format, aber nicht in nativer Auflösung. Gängige Anschlüsse über HDMI ist hier nicht möglich, da die Bandbreite nicht ausreicht.

Hier muss man sich entweder mit technischen Kniffen behelfen, um trotzdem das Potenzial der ganzen Bildfläche und 5k Auflösung zu nutzen oder auf andere Lösungen zurückgreifen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Interessanterweise nutzt selbst Microsoft in ihrem Werbefoto kein 21:9 Display, sondern einen Projektor mit 21:9 Ausschnitt. Es gibt also auch Alternativen, die dazu oft günstiger sind.

Unsere AV-Expert:innen beraten Sie sehr gerne bei der Realisierung und Optimierung Ihrer Microsoft Teams Räume.

Das Problem mit Front Row

Die Idee hinter Front Row ist grundsätzlich gut, wenn es um das Einbeziehen viele Remoteteilnehmer:innen geht. Aber es gibt auch Nachteile.

Wirklich zur Geltung kommt das Feature in diesem Setting vor allem, wenn auch entsprechend viele Teilnehmende im Meeting sind und den zusätzlichen Platz entsprechend belegen. Aber was, wenn es nur vier sind und zwei davon die Kamera ausgeschaltet haben?

Ist es wirklich sinnvoll, Elemente wie den Chat oder Reaktionen dauerhaft links und rechts anzuzeigen? Und eignet sich das 21:9 Format überhaupt für Präsentationen von Content? Viel von der zusätzlichen Bildfläche wird in diesem Kontext eher verschenkt.

Ein 21:9 Bildschirm mit 105 Zoll Bildschirmdiagonale entspricht in der Höhe einem 85 Zoll Bildschirm im 16:9 Format. Durch das Verlagern der Teilnehmerkacheln an den unteren Rand, verringert sich die Darstellungsgröße des geteilten Contents nochmals deutlich – in diesem Beispiel auf rund 55 Zoll. Das ist für die meisten Betrachtungsabstände und Anwendungsfälle zu wenig und schlecht sichtbar.

Das bedeutet, dass die Displays entsprechend größer werden müssten, was wiederum Platz und Geld kostet. Ob sich diese Investition für diesen Use Case überhaupt lohnt, muss im Einzelfall entschieden werden. 21:9 ist weiterhin sehr teuer. Das Überformat ist aufgrund der Größe und des Gewichts außerdem schwer zu transportieren. Für den Transport entstehen also auch zusätzliche Kosten. Zusammen mit der besonderen Möblierung, gilt es gut abzuwägen, wofür man dieses Setup verwenden möchte oder ob man nicht doch lieber auf ein Dual Display-Setup setzt.

Interaktive 21:9 Displays im Test im macomLAB

Bei der geeigneten Auswahl beraten wir unsere Kunden gerne. In unserem macomLAB haben Sie außerdem die Möglichkeit vor Ort Technologien und Use Cases auszuprobieren.

Seit kurzem haben wir dort auch 21:9 Touchdisplays im Test. Unsere Expert:innen gehen der Frage nach, wofür sich die riesigen, interaktiven Monitore eignen und welche Herausforderungen die Technologie mit sich bringt.

Das fängt bereits bei Transport und Montage der 120kg Displays an. Einfach an die Wand hängen ist da schwierig. Extra verstärkte Displaystelen waren in diesem Fall die Lösung. Nützliche Features wie Höhenverstellbarkeit und Kippsicherung sind bei einem Bildschirm dieser Größe auch keine Selbstverständlichkeit.

Die Touchfunktion hat natürlich für Teamsmeetings und Front Row wenig Nutzen. Für gemeinsames Arbeiten allerdings eignet sich die große Fläche super. Daher testen unsere Mitarbeitenden die Geräte als Tafelersatz oder Whiteboard. Im Bildungsbereich sind solche und noch breitere Formate gängig. In Verbindung mit einem PC und browserbasierten Anwendungen wie Mural könnten solche Bildschirme den Unterricht in Schule und Uni langfristig aufwerten. Zumindest sobald die Preise nachlassen.

Fazit

Für individuelle Sonderräume und spezielle Anwendungsfälle, zum Beispiel Vorstandsräume oder als Aushängeschild mit Innovationscharakter, sind Signature Teams Rooms mit 21:9 Displays eine ansprechende Highend-Meetinglösung, doch hinsichtlich des Preises und der Skalierbarkeit gibt es günstigere, flexiblere und einfachere Lösungen mit ähnlich guten Ergebnissen. Zu diesem Zeitpunkt eignen sich die Produkte aber noch nicht für den Massenbedarf.

Autor: Felix Niedrich, Redakteur macom GmbH