Warum Standards nur die halbe Miete sind – Stolpersteine auf dem Weg zur Umsetzung
Treiber der Standardisierung
Wo es auf die flächendeckende Umsetzung von funktionalen und qualitativen Anforderungen ankommt, setzen Verantwortliche für AV-Technologien zunehmend mehr auf zentral verwaltete Standards. Als Vorreiter dieser Entwicklung gelten die Segmente Digital Retail und Corporate AV, die Digital Signage- bzw. Meeting- und Collaboration-Lösungen in großen Massen auf einer einheitlichen Grundlage umsetzen.
Getrieben wird diese Entwicklung einerseits durch kaufmännische und operative Erwägungen wie z.B. günstigere Einkaufskonditionen und vereinfachtes Lieferantenmanagement. Anderseits soll die Standardisierung eine kontinuierlich-gleichbleibende und global-einheitliche Qualität gewährleisten.
Immer häufiger überspannen die entsprechenden Konzepte und Lieferantenvereinbarungen dabei nicht nur Ländergrenzen, sondern auch Regionen und Kontinente. Entsprechend hierzu wachsen in der Praxis auch Komplexität und zeitliche Dimension der Umsetzung.
Typische Voraussetzungen
Um die oben erläuterten Vorteile zu verwirklichen, werden in einer vorgelagerten Projektphase Management-Vorgaben definiert, die den Rahmen für die spätere Umsetzung bilden.
Definierte Warenkörbe für AV-Produkte und standardisierte Hardware-Setups („sogenannte Blueprints“) stehen dabei meist im Vordergrund, da sich diese an den konkret greifbaren Anwendungsfällen ausrichten lassen. Auch strategische Partnerschaften mit Herstellern spielen hierbei eine Rolle, nicht zuletzt hinsichtlich des bereits genannten Faktors Einkauf.
Ein weiteres, in der Regel stark an etablierten IT-Praktiken orientiertes Instrument sind definierte Prozesse für Lieferung, Integration und Service der Standard-Lösungen am jeweiligen Standort und entsprechende Rollen- und Organisationsmodelle.
Abhängig von der jeweiligen Unternehmensstruktur, werden die Leistungen dann an Distributoren und Systemhauspartner vergeben, die für die kontinuierliche Umsetzung Verantwortung tragen.
Standards als Selbstläufer?
Wenn entsprechende Vorgaben gewissenhaft definiert und leistungsfähige Partner für die Umsetzung gefunden wurden, wiegen sich Auftraggeber und Auftragnehmer in manchmal trügerischer Sicherheit.
In der Praxis kann der Weg vom Projekt zum Daily Business jedoch lang und die Umsetzung der Standards eine Herkulesaufgabe sein. Die notwendigen zeitlichen und personellen Aufwände in der Einführung von Standards und im Onboarding externer Partner werden nicht selten unterschätzt und in den Hintergrund gedrängt.
Dabei ergeben sich beim Anlaufen der neuen Prozesse schnell viele Fragen im Detail, welche schon in der Projektphase mit einer eindeutigen und transparenten Definition einer Transition- (also Übergangs-) Phase beleuchtet werden sollten.
AV-Transition als Erfolgsfaktor für ein globales Roll-out
Versteht man die Transition Phase als notwendigen Schritt, die definierten Standards an der Praxis auszurichten, sollten vor dem Übergang in den Regelbetrieb folgende Punkte ausdrücklich thematisiert werden:
- Wie sind die definierten Prozesse an Änderungen anpassbar und wie lassen sich Prozessergebnisse verfolgen bzw. bewerten?
- Lassen sich lieferseitige Hürden wie Produktverfügbarkeit, Änderungen in Qualitäten oder Preisen mit angemessenem Aufwand berücksichtigen?
- Welche Steuerungsinstrumente und Ressourcen hat der Auftraggeber um Ausnahmen und Änderungen in der Onboarding-Phase aufzufangen?
- Kann der Auftragnehmer seine vertraglichen und geschäftlichen Risiken über den gesamten Verlauf des Onboardings sicher einschätzen und beherrschen, auch wenn z.B. die Einführung erheblich länger andauert?
Häufig werden die o.g. Punkte vom Auftraggeber gänzlich in die Verantwortung des Auftragnehmers gelegt – aber nicht alle potenziellen Herausforderungen können durch diesen auch alleine gelöst werden. Somit liegt auf beiden Seiten, besonders bei der länger andauernden Einführung von Standards in einem größeren Rahmen, ein erhebliches Risiko.
Wie kann man diesen Risiken optimal begegnen?
Ein gut geplantes und konsequent umgesetztes AV-Transition-Management kann viele dieser Risiken reduzieren und dennoch auftretende negative Effekte minimieren. Dabei muss das Transition-Management als zentrale und erfolgskritische Rolle verstanden werden. Das Management-Vorgehen sollte an den drei folgenden Faktoren ausgerichtet sein:
- Planung
Erfolgsfaktor für eine Umsetzung in Time & Budget ist eine an den realen Umsetzungshürden orientierte Meilensteinplanung. Eine tiefe Kenntnis der ursprünglichen Designziele und der geschäftlichen Voraussetzungen der Umsetzungspartner ist unerlässlich. - Tracking
Neben der Planung muss ein aktives Tracking von Beginn an alle Stakeholder einbeziehen, Veränderungen in der Gesamtlage vorhersehen und Anpassungsbedarfe im Plan erkennen. Voraussetzung ist eine hohe Flexibilität des Transition-Managements und entsprechende organisatorische und ggf. technische Tools. - Support
Über das Tracking hinaus ist der proaktive Support aller Umsetzungspartner ein enorm wichtiger Bestandteil, um schnell und zielgerichtet Lösungen für auftretende Probleme zu finden und die Leistungsfähigkeit aller zu erhalten.
Fazit:
Ziel des Transition-Managements ist es, die Einführung der Standardisierung abzusichern, damit das gewünschte Ergebnis erzielt und Schmerzpunkte nachhaltig beseitigt werden. Eine Transition ist ein komplexer und aufwandsintensiver Prozess, der langjährige Erfahrung in Beratung und Projektmanagement sowie tiefe Marktkenntnis erfordert.
Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Wir unterstützen sie gerne bei Standardisierungs- und Transitionsprozessen in Ihrem Unternehmen. Mit unserer langjährigen Fachplanungs-, Standardisierungs- und Rollout-Expertise kennen wir alle Projektphasen, Schnittstellen und Ansprechpartner in AV/IT-Transitionsprozessen. Sprechen Sie uns an!
Autoren: Gerad Wintersinger, Head of Delivery & Development Managed AV & IT Services, macom GmbH; Kevin Veggiato, Project Engineer, macom GmbH